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6. Übungen Learncard 7757126


Question

43. Studentin A nimmt Student B ab und zu an den Wochenenden mit ihrem Pkw zum gemeinsamen Heimatort mit. Auf einen Beitrag für die Benzinkosten, den B gerne zu entrichten bereit wäre, verzichtet A aus alter Freundschaft. Bei einer dieser Fahrten verursacht A fahrlässig einen Unfall und B wird verletzt. Dadurch entstehen B Heilbehandlungskosten i.H.v. 500 Euro.

Kann B von A den Ersatz seiner Heilbehandlungskosten über einen vertraglichen Schadensersatzanspruch verlangen?


Answer

43. B könnte gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz (Ersatz der Heilbehandlungskosten) aus § 280 Abs. 1 BGB haben.

Dazu müsste zunächst zwischen A und B ein Schuldverhältnis bestehen. Ein Schuldverhältnis ist eine Sonderverbindung zwischen (mindestens) zwei Personen, kraft derer die eine Person (Gläubiger) von der anderen (Schuldner) eine Leistung zu fordern berechtigt ist, vgl. § 241 Abs. 1 BGB.

Es entsteht durch Vertrag, einseitiges Rechtsgeschäft oder durch Gesetz.

Als Schuldverhältnis kommt ein Auftrag nach § 662 BGB in Betracht.

Ein Auftrag i.S.d. § 662 BGB ist ein zweiseitiger Vertrag. Er kann durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen in Form eines Angebots und einer inhaltlich damit übereinstimmenden Annahme zustande kommen (§§ 145 ff. BGB).

A könnte hier B den Abschluss eines Auftrags angeboten haben.

Ein Angebot setzt sich als Willenserklärung aus einem äußeren (objektiven) und einem inneren (subjektiven) Erklärungstatbestand zusammen.

Der äußere Erklärungstatbestand liegt vor, wenn aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers neben dem

  • Handlungswillen des Erklärenden (= willensgesteuertes Tätigwerden)
  • ein Rechtsbindungswille (= Wille, im rechtlich relevanten Bereich zu handeln) sowie
  • ein konkreter Geschäftswille erkennbar sind.

A nimmt B aus alter Freundschaft und ohne ein Entgelt dafür zu fordern mit ihrem Pkw zum gemeinsamen Heimatort mit. Dies geschieht lediglich „aus Gefälligkeit“ und stellt daher ein Verhalten im gesellschaftlich-sozialen Bereich dar.

Das Mitnehmen des B stellt sich insofern als unentgeltliche Leistung der A dar, weshalb ihr der Wille „irgendetwas rechtlich Erhebliches zu erklären“ (Rechtsbindungswille) fehlen könnte. Dann läge bereits der äußere Erklärungstatbestand nicht vor. Ob aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers das Verhalten des A dennoch auf einen Rechtsbindungswillen schließen lässt, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB).

Das Mitnehmen stellt für A einen Freundschaftsdienst ohne materiellen Gegenwert dar und hat daher für sie weder eine wirtschaftliche noch eine rechtliche Bedeutung.

A wollte sich nicht einklagbar dazu verpflichten, B mitzunehmen.

Somit fehlte A ein Rechtsbindungswille, sodass mangels äußeren Erklärungstatbestands kein Angebot des A auf Abschluss eines Auftrags nach § 662 BGB vorlag. (§ 631 BGB (‒), da keine Entgeltlichkeit; §§ 705 ff. BGB (), da kein Beitrag des B vorliegt)

Jedoch könnte ein schutz- und sorgfaltspflichtenbegründendes Gefälligkeitsverhältnis nach §§ 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 2 BGB zwischen A und B vorliegen.

Für ähnliche geschäftliche Kontakte i.S.d. § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist zwar ein bloßer sozialer Kontakt nicht ausreichend. Sobald dieser Kontakt aber geschäfts- bzw. vertragsähnlich ist, kann er Schutz- und Sorgfaltspflichten begründen. Für A war jedenfalls erkennbar, dass B ein Interesse an vorsichtiger Fahrt und sicherer Ankunft am Heimatort hatte. A übernahm – jedenfalls konkludent – Schutzpflichten gegenüber den Rechtsgütern Leib, Leben und Gesundheit des B und damit das Risiko der sicheren Beförderung.

Mithin ist bei A ein gewisser Bindungswille erkennbar, sodass ein schutz- und sorgfaltspflichtenbegründendes Gefälligkeitsverhältnis nach §§ 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 2 BGB zwischen beiden begründet wurde.

Somit besteht zwischen A und B aufgrund des pflichtenbegründenden Gefälligkeitsverhältnisses ein Schuldverhältnis i.S.d. § 280 Abs. 1 BGB.

Eine Pflichtverletzung seitens der A i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB liegt wegen der Unfallverursachung vor. A musste diesen nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB auch vertreten (fahrlässig).

B hat gegen A daher einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 249 ff. BGB (hier Heilbehandlungskosten i.H.v. 500 Euro). (Bei entsprechenden Angaben im Sachverhalt ist hier auf eine Haftungsbeschränkung im Wege ergänzender Vertragsauslegung einzugehen.)

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