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6. Übungen Learncard 7757129


Question

46. K schickt seinen 6-jährigen Sohn S zum Kiosk des V, um dort für einen gemütlichen Abend eine Packung Chips, eine Tüte Gummibärchen seiner Wahl und ein Flasche Limonade zu kaufen. Im Kiosk des V hat S nach langem Suchen, einigen Gummibärchenproben und vielen Ratschlägen des V endlich alles zusammen. Während S an der Kasse erklärt, er kaufe alles für K, packt V die Ware in eine Tüte. Kann V von K Zahlung des Kaufpreises verlangen?


Answer

46. V könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises aus § 433 Abs. 2 BGB haben.

Dazu müssten sich V und K mit dem Inhalt eines Kaufvertrags geeinigt haben.

In Betracht kommt hier eine Einigung zwischen K und V i.S.d. § 433 BGB durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen in Form eines Angebots und einer inhaltlich damit übereinstimmenden Annahme (§§ 145 ff. BGB).

Die Warenauslagen im Kiosk des V stellen lediglich ein invitatio ad offerendum dar, sodass V der Rechtsbindungswille für ein Angebot fehlt.

Das Angebot könnte jedoch K gegenüber V abgegeben haben.

K hatte selbst keinen Kontakt zu V und hat ihm gegenüber daher auch direkt keine Willenserklärung abgegeben.

Jedoch hat S gegenüber V erklärt, dass er die verschiedenen Waren für K kaufen will. Also hat S ein Angebt zum Abschluss eines Kaufvertrags gegenüber V abgegeben. Ein solches Angebot wirkt gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann für und gegen K, wenn S ihn wirksam vertreten hat.

Dazu müssten die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung nach § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegen.

Nach § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB ist dafür zunächst eine eigene, wirksame Willenserklärung des S erforderlich.

S könnte aber auch lediglich Bote sein. Der Bote übermittelt nur eine Willenserklärung seines Geschäftsherrn. Sein Tun ist tatsächlicher und nicht rechtsgeschäftlicher Natur. Der Bote überbringt also eine fremde Willenserklärung, auf deren Inhalt er keinen Einfluss hat.

Der Vertreter hingegen hat Handlungs- und Formulierungsspielraum. Er entscheidet selbst über die Abgabe und den Inhalt der Willenserklärung.

Für die Abgrenzung, ob eine eigene Willenserklärung vorliegt, ist das Auftreten nach außen hin entscheidend. Es ist daher durch Auslegung vom Empfängerhorizont zu bestimmen, ob der Erklärende eine eigene oder eine fremde Willenserklärung übermitteln wollte.

S hat im Kiosk des V die verschiedenen Artikel erst nach langem Suchen, einigen Proben und vielen Ratschlägen des V ausgesucht und mit zur Kasse genommen. Insofern ließ er aus Sicht eines objektiven Dritten eigenen Handlungsspielraum erkennen und gab daher eine eigene Willenserklärung ab.

Fraglich ist jedoch, ob diese eigene Willenserklärung des S auch wirksam war.

Die Wirksamkeit der Vertretererklärung des S richtet sich nach den §§ 105 ff., 164 ff. BGB. Das bedeutet, dass in der Person des S die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Willenserklärung vorliegen müssen.

Der Bote, der nur tatsächlich, aber eben nicht rechtsgeschäftlich handelt, braucht nicht geschäftsfähig zu sein. Der Vertreter hingegen muss nach § 165 BGB zumindest beschränkt geschäftsfähig sein. Der 6-jährige S ist gemäß § 104 Nr. 1 BGB geschäftsunfähig und damit seine Willenserklärung nach § 105 BGB nichtig.

Folglich war die Willenserklärung des S nicht wirksam.

Somit fehlt es an einer eigenen, wirksamen Willenserklärung des S, sodass S den K nicht gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam vertreten hat und daher kein Angebot des K vorliegt. Mithin fehlt es an einer Einigung von V und K i.S.d. § 433 BGB.

Ergebnis:

Der Anspruch des V auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2 BGB ist gegenüber K nicht entstanden.

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