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6. Übungen Learncard 7757131


Question

48. K verkauft aus Klimaschutzgründen sein altes Auto. Er möchte künftig nur noch mit Bus, Bahn und Fahrrad unterwegs sein. Daher sucht er nach einem günstigen Elektrofahrrad. Er wird beim Fahrradhändler V fündig, der ihm ein Elektrofahrrad der Marke „Environment bike“ aus einem Katalog zu 1.500 Euro empfiehlt. K sagt daraufhin zu V, dass er das Fahrrad für 1.500 Euro haben wolle. V entgegnet, er wolle nur noch eben nachschauen, ob der Preis im Katalog richtig angegeben sei. V gibt dazu die Bestellnummer des Fahrrades in seinen Computer ein, woraufhin anhand der Nummer ein Kaufpreis von 1.500 Euro angezeigt wird. V sagt daraufhin, dass das Geschäft „so in Ordnung gehe“ und K das Elektrofahrrad in einer Woche abholen könnte.

Als K eine Woche später zur Abholung des Fahrrades erscheint, verlangt V von ihm 1.750 Euro. V bemerkt dazu, dass die Preisangabe von 1.500 Euro auf eine veraltete Preisliste zurückzuführen sei, die noch im Computer gespeichert gewesen sei. K ist entrüstet und will nur 1.500 Euro zahlen, anderenfalls will er gegenüber V anfechten. V nimmt dies kopfschüttelnd zur Kenntnis.

Kann K von V Übergabe und Übereignung des Fahrrads gegen Zahlung eines Kaufpreises von 1.500 Euro verlangen?


Answer

48. K könnte gegenüber V einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Fahrrades gegen Zahlung eines Kaufpreises von 1.500 Euro aus § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB haben.

Hierzu müsste ein Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB zustande gekommen sein. Dazu sind zwei übereinstimmende Willenserklärungen, ein Angebot und eine Annahme, erforderlich.

Die Angaben im Katalog stellen mangels Rechtsbindungswillen lediglich eine invitatio ad offerendum dar. Ein Angebot liegt jedoch hier durch K vor, indem er bekundete, eine das besagte Elektrofahrrad der Marke „Environment bike“ kaufen zu wollen. Eine Annahme des V erfolgte durch dessen Entgegnung, das Geschäft „gehe so in Ordnung“. V hat damit die Annahme dieses Angebots erklärt.

K könnte jedoch sein Angebot angefochten haben, sodass der Kaufvertrag gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an (ex tunc) nichtig gilt.

Anfechtungsgegner ist hier gemäß § 143 Abs. 1 i.V.m. § 143 Abs. 2 BGB der V.

K will jedoch seine im Rahmen des Kaufvertragsabschlusses abgegebene Willenserklärung gegenüber V nur dann anfechten, wenn er für das Fahrrad mehr als 1.500 Euro bezahlen muss. Es ist hier jedoch ein Kaufvertrag zum Preis von 1.500 Euro zustande gekommen.

Fraglich ist, ob V ggf. eine Anfechtungsmöglichkeit hätte.

Als Anfechtungsgrund käme hier allenfalls § 119 Abs. 2 BGB (Eigenschaftsirrtum) in Betracht. Eigenschaften einer Person oder Sache sind neben den auf der natürlichen Beschaffenheit beruhenden Merkmalen auch tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse und Beziehungen zur Umwelt, soweit sie nach der Verkehrsanschauung für die Wertschätzung oder Verwendbarkeit von Bedeutung sind. Demnach sind Eigenschaften einer Sache alle wertbildenden Merkmale von gewisser Dauer, die ihren Grund in der Sache selbst haben oder sich auf die Sache beziehen. Die Verkehrswesentlichkeit bestimmt sich stets nach dem konkreten Rechtsgeschäft und ist daher eine Frage des Einzelfalls. In der Regel wird sie vorliegen, wenn die Eigenschaft nach Verkehrsanschauung einen nennenswerten Einfluss auf die Wertschätze der Person oder Sache auszuüben pflegt. Aus Sicht der Parteien kam der zu niedrige Preis hier dadurch zustande, dass man von einer falschen Berechnungsgrundlage (der alten Preisliste) ausgegangen ist.

Das Risiko der Kalkulation trägt der Anbieter. Fehler bei der internen Kalkulation des Preises (interner oder verdeckter Kalkulationsirrtum) stellen jedoch nur einen unerheblichen Motivirrtum dar und begründen kein Recht zur Anfechtung.

Auch Wert oder Marktpreis sind keine wertbildenden Faktoren, sondern nur deren Folge. Daher fehlt es bereits an einer Eigenschaft i.S.d. § 119 Abs. 2 BGB, sodass ein Eigenschaftsirrtum ausscheidet.

Ergebnis:

Somit hat K gegenüber V einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Elektrofahrrades gegen Zahlung eines Kaufpreises von 1.500 Euro aus § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB.

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