Aufklärung
Bürgerliches Trauerspiel
Kennzeichen des bürgerlichen Trauerspiels
Das bürgerliche Trauerspiel spielt in der Welt des Bürgertums, doch auch Adlige kommen vor. Politische Aspekte werden jedoch nicht thematisiert.
Wichtig ist das Denken und Handeln der Menschen, das den aufklärerischen Kriterien von Moral und Tugend folgt: Im Mittelpunkt stehen
- Liebe und Treue zwischen den Eheleuten,
- Zusammenhalt in der Familie,
- Ehrlichkeit,
- Menschlichkeit und Mitleid.
Das bürgerliche Trauerspiel als wichtige Gattung der Aufklärung
In ihrem Erziehungsoptimismus setzten die Autoren der Aufklärung vorwiegend auf das Theater. Die Bühne hielten sie für den geeigneten Ort, ihre Ideen einem breiteren Publikum nahe zu bringen.
Mit dem bürgerlichen Trauerspiel setzten sie sich von den Haupt- und Staatsaktionen des Barock ab, verwarfen die Ständeklausel und brachten ernstzunehmende Personen auf die Bühne, die aufklärerisches Gedankengut vertraten. Die Theater- besucher, die vorwiegend dem Bürgertum entstammten, erkannten sich und ihre Lebenswirklichkeit wieder und wurden zu verlässlichen Besuchern der Aufführungen.
Wissensteil:
Das bürgerliche Trauerspiel
Die Entwicklung des bürgerlichen Trauerspiels beginnt in der Epoche der Aufklärung – das 18. Jahrhundert war zugleich der Höhepunkt dieser Gattung. Das Theater war äußerst publikumswirksam, viele Menschen, die nicht lesen konnten oder kaum Zeit für private Lektüre fanden, gingen ins Theater. Bühnenstücke eigneten sich deshalb besonders für die erzieherischen Absichten der Dichter der Aufklärung.
Kennzeichen
- Die Tragik der Handlung entfaltet sich in der Welt des Bürgertums und resultiert oft aus einem Konflikt mit dem Adel.
- Bürger und bürgerlich denkende Menschen, die prinzipiell allen Schichten angehören können, stehen im Mittelpunkt.
- Die Ständeklausel (ernsthafte Darstellung der höfischen Welt in der Tragödie, lächerliche Darstellung der nichtadeligen Welt in der Komödie) ist aufgehoben.
- Bürgerliches Denken und Handeln ist an einen ausgeprägten Moralkodex gebunden, der dem höfischen Verhalten entgegengesetzt ist: Liebe und Treue zwischen den Eheleuten vs. höfische Mätressenwirtschaft, Zusammenhalt in der Familie vs. Dualismus privates/öffentliches Leben, Ehrlichkeit vs. Intrigantentum, Menschlichkeit und Mitleid vs. rücksichtslose Durchsetzung eigener Interessen, Tugend und Empfindsamkeit als allgemeinmenschliche Werte vs. Machtkalkül. W Die Handlung des bürgerlichen Trauerspiels ist in der privaten Sphäre der Protagonisten angesiedelt; öffentlich-politische Aspekte werden nicht thematisiert.
- Das bürgerliche Trauerspiel konnte die Ideen von der Emanzipation des Bürgertums vermitteln und wurde deshalb von den Autoren besonders gepflegt. Die heute noch bekanntesten bürgerlichen Trauerspiele stammen aus der Aufklärung und der sich anschließenden Sturm und Drang- Zeit, die noch in den Gedanken der Aufklärung verwurzelt war.
Wichtige Autoren und Werke des bürgerlichen Trauerspiels:
- Gotthold Ephraim Lessing: „Miss Sara Sampson“ (1755), „Emilia Galotti“ (1772)
- Friedrich Schiller: „Kabale und Liebe“ (1783)
- Heinrich Leopold Wagner: „Die Kindermörderin“ (1776)
Die Entwicklung des bürgerlichen Trauerspiels
Das bürgerliche Trauerspiel ist eine Gattung des 18. Jahrhunderts. Schon im 19. Jahrhundert, als das Bürgertum die führende gesellschaftliche Rolle erlangt hatte, kommt dem bürgerlichen Trauerspiel keine nennenswerte Bedeutung mehr zu. Lediglich Friedrich Hebbel nahm diese Gattung wieder auf, er gab dem bürgerlichen Trauerspiel aber eine neue Wendung: Die Konflikte spielten sich in seinen Dramen (z. B. „Maria Magdalena“, 1844) innerhalb des Bürgertums ab.
