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Literatur Learncard 18572774


Question

Sturm und Drang


Was kennzeichnet die Epoche des Sturm und Drang?


Welche wichtigen Themen werden in dieser Epoche von den Autoren aufgegriffen?

Answer

Sturm und Drang


Der Sturm und Drang


(man spricht auch von der „Geniezeit“) war eine Bewegung, die sich auf Deutschland beschränkte und nur die Literatur erfasste. Der Name der Bewegung wurde dem Schauspiel „Wirrwarr“ von Friedrich Maximilian Klinger entlehnt, das später in „Sturm und Drang“ umbenannt wurde. Ziel der Autoren war es, in Opposition zum politischen System des aufgeklärten Absolutismus eine „natürliche“ Gesellschaftsordnung für die Menschen anzuregen, in der die vom Rationalismus der Aufklärung bisher ausgeschlossenen Werte wie kreative Schöpferkraft, Eigenverantwortung des Individuums und individuelles Empfinden (Leidenschaft, Gefühl, Ahnung, Trieb usw.) Bedeutung haben sollten.

Hauptthema des Sturm und Drang war der Konflikt zwischen der natürlichen Lebensweise der Menschen und der bestehenden Kultur bzw. sozialen Ordnung. Der Konflikt tritt vorwiegend auf als


  • Kampf um die politische Freiheit (Schiller: „Kabale und Liebe“, Goethe: „Werther“)
  • Freiheitskampf gegen die Gesellschaft (Goethe: „Götz von Berlichingen“, Schiller: „Die Räuber“)
  • Kampf um die Freiheit der Liebe gegen ihre Beschränkungen durch Standesunterschiede (Schiller: „Kabale und Liebe“)
  • Problematik der gesellschaftlichen Geschlechtsmoral (H. L. Wagner: „Die Kindermörderin“, Motiv des Kindsmords in der Gretchen-Tragödie in Goethes „Faust“)
  • Kampf um die geistige Freiheit gegen die christliche Kirche (Goethe: „Faust“, Goethe: „Werther“)
  • Kampf für eine natürliche Religion und sittliche Weltordnung (Schiller: „Die Räuber“)



Wissensteil:


Der Sturm und Drang


Die Epoche des Sturm und Drang gibt es nur in der deutschen Literatur – anders als die Romantik, die man in anderen europäischen Ländern auch kennt. Die Anzahl der Autoren ist überschaubar, es handelt sich um junge Männer, meist Studenten. Der Sturm und Drang war eine Jugendbewegung, die sich nach wenigen Jahren auflöste. Man setzt den Beginn der Sturm und Drang-Zeit üblicherweise mit dem Erscheinen von Herders „Fragmenten über die neuere deutsche Literatur“ (1767), ihr Ende mit Schillers Drama „Kabale und Liebe“ (1784) an. Schiller verstummte danach für zehn Jahre als Dichter, Goethe verließ Weimar 1786 und kam zwei Jahre später mit einer neuen, klassizistischen Kunstkonzeption zurück. Der Schweizer Christoph Kaufmann gab der Bewegung ihren Namen, indem er Friedrich Maximilian Klingers Schauspiel „Wirrwarr“ (1776) in „Sturm und Drang“ umbenannte.

Aufklärung und Sturm und Drang verliefen zeitlich parallel – die Geniezeit war jedoch wesentlich kürzer. Das politische System in Deutschland war der aufgeklärte Absolutismus. Trotz der relativ fortschrittlichen, reformfreudigen Haltung mancher Monarchen waren die jungen Sturm und Drang- Autoren mit den sozialen Verhältnissen unzufrieden.


Die Stürmer und Dränger, allen voran Goethe und Herder, aber auch Bürger, Lenz, Leisewitz, Wagner und Schiller waren von der Aufklärung, von Rationalismus und Vernunftoptimismus geprägt. Das Gedankengut der Aufklärung war die Grundlage für das Autonomiestreben der Sturm und Drang-Dichter, denen jedoch die Vernunftorientierung der Aufklärung zu einseitig war. Die Erstarrung und die Unwirksamkeit der Spätaufklärung umschrieb Schiller mit dem Bild vom „tintenklecksenden Säkulum“. Die Stürmer und Dränger hatten ein anderes Menschenbild. Sie sahen den Menschen nicht nur als vernünftiges, sondern auch als gefühlsbetontes Wesen. Diese veränderte Sicht des Menschen schlug sich in den Werken der Sturm und Drang-Autoren nieder. Anstöße für die Literatur der Stürmer und Dränger gingen von Johann Georg Hamann (1730–1788) aus, der als einer der Ersten den Genie-Begriff verwendete. Sein irrationaler Sprachstil sprach die jungen Autoren an.

Johann Gottfried Herder (1744–1803) war ein Schüler Hamanns und übernahm dessen Genie- Begriff. In seiner Schrift „Das Journal meiner Reise im Jahre 1769“ stellt er im Sinne Hamanns das selbstbestimmte Individuum, das sich von gesellschaftlichen Normen löst, in den Mittelpunkt. Die Begegnung Herders mit dem jungen Goethe in Straßburg brachte Goethe die neuen Gedanken nahe. Gemeinsam arbeiteten sie an der Volksliedsammlung „Stimmen der Völker in Liedern“ (1778/79), die wiederum andere Autoren beeinflusste. Wichtig für die Sturm und Drang-Bewegung war Jean-Jacques Rousseau (1712–1778), der in seinem Roman „Julie ou la Nouvelle Heloise“ (1761) Liebe und Ehe in empfindsamen, gefühlvollen Szenen schildert und mit seinem Erziehungsroman „Emile ou de l‘Education“ (1762) neuartige Erziehungsgrundsätze thematisiert.

Als Vorbild wirkte auch Shakespeare, dessen Figurenzeichnung, Handlungsführung, Sprachverwendung und Dramenkonzeption die Stürmer und Dränger inspirierte. Die in der Nachfolge Shakespeares entstandenen Werke, z. B. „Götz von Berlichingen“ und „Die Räuber“, wurden von den Zeitgenossen begeistert aufgenommen.

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