Energetische Kopplung
- Sobald Glucose zugesetzt wird, beginnt die Bildung von Fructosediphosphat. Dessen Konzen-tration steigt schnell an, erreicht nach etwa zwei Minuten einen Höhepunkt und nimmt zunächst (etwa eineinhalb Minuten lang) schnell, danach langsamer wieder ab. Es ist der Kurve nicht zu entnehmen, warum die Konzentration von Fructosediphosphat wieder abnimmt: Entweder ist die gesamte Glucose umgesetzt oder es wird weiterhin Fructosediphosphat hergestellt, die Weiterreaktion (die Spaltung in Dihydroxyacetonphosphat und Glycerinaldehydphosphat) ist aber schneller als die Erzeugung.
- Wenn die Bildung von Fructosediphosphat beginnt, nimmt die ATP-Konzentration ab: Die Phosphatgruppe des ATP wird auf den Zucker übertragen. Der Abbau des ATP zu ADP und die Phosphorylierung des Zuckers sind gekoppelt. Schon nach einer Minute steigt die ATP-Konzentration wieder an: Die ATP-liefernden Reaktionen in der Hefezelle (z. B. bei der Substratkettenphosphorylierung) können den ATP-Verbrauch überkompensieren. Die Abnahme der Konzentration an Fructosediphosphat könnte also indirekt mit der ATP-Zunahme zusammenhängen, weil Zerfallsprodukte des Fructosediphosphat ihre Phosphatgruppe unter ATP-Bildung auf das ADP übertragen. Also auch Folgereaktionen sind gekoppelt. Die ATP-Konzentration erreicht nach drei Minuten wieder ihren Ausgangswert.
- Die Reaktion läuft im Cytoplasma (nicht im Mitochondrium) ab.
- Die dargestellte Reaktion ist eine Teilreaktion der Glykolyse, der gemeinsamen Anfangsstrecke von Atmung und Gärung. Es kann keine Aussage über den weiteren Abbau gemacht werden.
Wissensteil:
Die Glykolyse ist die Reaktionsfolge, in deren Verlauf Zucker oxidiert und in kleinere Bausteine zerlegt wird. Bevor das Zuckermolekül gespalten werden kann, muss es aktiviert – destabilisiert – werden. Nacheinander werden zwei Phosphatreste vom ATP auf das Zuckermolekül übertragen.Die Reaktionsfolge der Glykolyse ist hier schematisiert dargestellt.
- Der Abbau der Glucose in der Zelle beginnt mit der Phosphorylierung der Glucose zu Glucose-6-Phosphat. Dabei überträgt ein Enzym die Phosphatgruppe vom ATP auf das Glucosemolekül.
- Durch Isomerisierung wird aus Glucose6phosphat Fructose6phosphat gebildet,
- Fructose-6-phosphat wird mit ATP zu Fructose1,6diphosphat umgesetzt.
- Fructose1,6diphosphat (ein C6Zucker) wird in zwei Triosen (Zucker) gespalten: in Dihydroxyacetonphosphat und Glycerinaldehydphosphat. Die beiden Triosen stehen miteinander im Gleichgewicht.
- Glycerinaldehyd-3-phosphat wird dehydriert: Zwei Protonen und zwei Elektronen werden auf das Coenzym NAD+übertragen, das dadurch zu NADH, H+reduziert wird. Das Glycerinaldehydphosphat nimmt dabei ein anorganisches Phosphatmolekül auf und wird zur 1,3-Diphosphoglycerinsäure.
- Im nächsten Schritt wird die energiereich gebundene Phosphatgruppe auf ADP übertragen unter Bildung von ATP. Diese Umwandlung, die zur Bildung des ATPMoleküls führt, wird als Substratkettenphosphorylierung bezeichnet.
- Die 3Phosphoglycerinsäure wird in 2Phosphoglycerinsäure umgelagert.
- Durch enzymatische Wasserabspaltung wird diese zur Phosphoenolbrenztraubensäure (Phosphoenolpyruvat).
- Die energiereich gebundene Phosphatgruppe wird auf ADP übertragen unter Bildung von ATP und Brenztraubensäure (Pyruvat). Pyruvat ist das Endprodukt der Glykolyse.
Die Bilanzgleichung des Abbaus der Glucose bis zum Pyruvat lautet:
Glucose + 2 ADP + 2 P + NAD+ → 2 Pyruvat + 2 ATP + 2 H2O + NADH, H+
Die Oxidation der Glucose bis zur Brenztraubensäure ist eine exergonische Reaktion:
1mol Glucose → 2mol Brenztraubensäure;
Freie Energie ΔG° = –197kJ/mol
Die von der Zelle nutzbare Freie Energie aus dem Abbau der Glucose wird in ATP gespeichert:
2mol ATP → 2mol ADP;
Freie Energie ΔG° = –62kJ/mol
Der Wirkungsgrad der Energieumwandlung liegt bei 30%.
Die Glykolyse gehört zu den entwicklungsgeschichtlich ältesten Stoffwechselwegen. Wir finden sie in allen eukaryotischen Lebewesen – Pflanzen, Pilzen und Tieren – sowie in den meisten Prokaryoten.