a) Situation vor der Reichsgründung
Vor der Reichsgründung 1871 gab es kein einheitliches deutsches Recht im modernen Sinne. Je nach Gebiet galt z.B. das Preußische Allgemeine Landrecht (ALR) von 1794 oder das Gemeine Recht oder das so genannte „Rheinische Recht“ (frz. code civil, in Baden als „Badisches Landrecht“). Daneben galt in Sachsen das Sächsische BGB von 1863. Insgesamt kamen dazu noch viele Rechte, welche die genannten überlagerten oder durchsetzten. Nach den Napoleonischen Kriegen wuchsen die deutschen Staaten ökonomisch schnell zusammen, es entstand ein großer Wirtschaftsraum. Um diese Entwicklung weiter zu befördern kam es teilweise zu Rechtsvereinheitlichungen:
1834 erfolgte die Gründung des Deutschens Zollvereins, der als erster mehrere Staaten zusammenschloss und Binnenzölle abschaffte. Mit der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung von 1848 und dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch von 1861 schuf man ein einheitliches Wechsel- bzw. Handelsrecht. Aber erst mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 war die Schaffung eines einheitlichen Rechts politisch möglich.
Parallel dazu war sich die Rechtswissenschaft zunächst uneins, ob eine Kodifizierung überhaupt vorgenommen werden sollte. Während Thibaut 1814 für ein allgemeines bürgerliches Recht war, widersprach Savigny einer Kodifikation. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbanden sich Rechtswissenschaft und Gesetzgeber, um eine deutsche Rechtseinheit zu schaffen.
b) Entwürfe der Kommissionen und das BGB
- 1873 erhielt der Reichsgesetzgeber durch eine Verfassungsänderung die Kompetenz, eine Kodifikation zu erlassen und bereits 1874 wurde eine Vorkommission gegründet, bestehend aus 5 Juristen. Diese lieferte noch im selben Frühjahr ein Gutachten mit Vorschlägen zu Plan und Methode für die Kodifikation ab.
- So konnte noch 1874 die erste Kommission mit 11 Juristen berufen werden. Darin waren die wichtigsten deutschen Länder und Rechtsgebiete vertreten. Neben den Repräsentanten der Wissenschaft und Praxis nahm das Reichsjustizamt (RJA) als oberste Behörde der Justiz die politischen Interessen wahr. Erfolgreich brachte es Bestimmungen zum Schutz der wirtschaftlich schwächeren Bevölkerung ein. 1887 legte die erste Kommission den ersten Entwurf mit Begründungen („Motive“) des BGB vor. Während außerhalb der Rechtswissenschaft diesem wenig Aufmerksamkeit beschieden war, entfachte er unter den Juristen eine lebhafte Diskussion und wurde zumeist abgelehnt.
- 1890 wurde die zweite Kommission berufen, die 1895 den zweiten Entwurf samt Begründungen („Protokolle“) vorlegte.
- Nach Beratungen des Justizausschusses wurde der dritte Entwurf zusammen mit einer Denkschrift dem Reichstag überantwortet, so dass dann nach Änderungen und Zustimmung durch den Bundesrat schließlich das Bürgerliche Gesetzbuch am 18. August 1896 ausgefertigt wurde. Es trat am 1. Januar 1900 in Kraft.