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Grundsätze des Verfahrens im Zivilprozess Learncard 5006472


Question

3. Was versteht man unter dem Verhandlungsgrundsatz (Beibringungsgrundsatz)?

Answer

Schon aus der Bezeichnung als Verhandlungsgrundsatz wird deutlich, dass es Aufgabe der Parteien ist, die entscheidungs­erheblichen Tatsachen vor dem Gericht beizubringen. Es obliegt ihnen, den Streitstoff in den Prozess einzuführen, über seine Feststellungsbedürftigkeit zu entscheiden und die Feststellung des Streitstoffs zu betreiben, vgl. § 282 Abs. 1 ZPO.

Merke: Dieser Grundsatz folgt aus der römisch-rechtlichen Tradition und wird auf lat. als „Da mihi facta, dabo tibi ius“ (Gib mir Fakten und ich werde dir Recht geben) bezeichnet.

Das Gericht ist insoweit an den Tatsachenvortrag der Parteien gebunden.

Beachte: Rechtsausführungen schuldet der Kläger nicht. Denn auch hier gilt der römisch-rechtliche Grundsatz „jura novit curia“ (Das Recht kennt das Gericht).

Der Grund für die Existenz des Verhandlungsgrundsatzes liegt darin, dass es kein öffentliches Interesse gibt, dass Gerichte die Wahrheit von Tatsachen im Hinblick auf solche privatrechtlichen Rechtsbeziehungen ermitteln, die allein der Verfügungsgewalt der Individuen unterliegen.

Merke: Das Gegenstück hierzu bildet der bspw. im Strafprozess anzutreffende Amtsermittlungsgrundsatz, vgl. §§ 155 Abs. 2, 244 Abs. 2 StPO.

Der Verhandlungsgrundsatz findet seine Grenzen innerhalb

  • der richterlichen Aufklärungspflicht gemäß § 139 ZPO,
  • der den Parteien obliegenden Wahrheitspflichten, § 138 ZPO,
  • solcher Beweiserhebungen, die von Amts wegen erfolgen, §§ 142, 144, 448 ZPO.
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