Der Grundsatz der Öffentlichkeit mündlicher Verhandlungen ist ein Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips und entspricht dem allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie.
Der Sinn der auf einer langen Tradition beruhenden Gerichtsöffentlichkeit liegt zum einen darin, dass die im Verfahren Beteiligten in Gestalt einer Verfahrensgarantie gegen eine der öffentlichen Kontrolle entzogene Geheimjustiz geschützt werden. Zum anderen wurde es als eigene Rechtsposition des Volkes empfunden, von den Geschehnissen im Lauf einer Gerichtsverhandlung Kenntnis zu nehmen und die durch die Gerichte handelnde Staatsgewalt durch Anwesenheit zu kontrollieren. Seine Ausprägung findet dieser Grundsatz in § 169 S. 1 GVG.
Merke: Gemäß § 311 Abs. 1 ZPO ergeht das Urteil im Namen des Volkes. Hierin kommt zum Ausdruck, dass das Staatsvolk als Souverän die Rechtsprechungsbefugnisse an die Gerichte delegiert hat. Zur Aufrechterhaltung dieser Legitimation muss eine öffentliche Kontrolle möglich sein.
Merke: Der erste Senat des BVerfG hat in seiner viel beachteten Entscheidung vom 24. Januar 2001 entschieden, dass das Verbot von Rundfunk- und Fernsehaufnahmen während Gerichtsverhandlungen zulässig ist. Nach Art. 5 Abs. 1 GG sind nur allgemein zugängliche Informationsquellen geschützt. Der Gesetzgeber hat in § 169 GVG in zulässiger Weise das Gerichtsverfahren näher ausgestaltet. Demnach ist der Öffentlichkeitsgrundsatz nur als Recht auf Öffentlichkeit am Ort der Verhandlung geschützt. Hingegen eröffnet § 169 GVG nicht das Recht auf Schaffung einer darüber hinausgehenden Informationsquelle für körperlich abwesende Personen an anderen Orten. § 169 S. 2 GVG ist daher mit dem GG vereinbar.
Ausnahmen zum Schutz bestimmter sensibler Rechtsgüter sind in §§ 170 ff. GVG geregelt und betreffen bspw. den Schutz der Familie oder der Privatsphäre.
