Wissensteil:
Nach der Intensität der pflanzlichen Produktion kann man die Seen einteilen in oligotrophe (nährstoffarme) und eutrophe (nährstoffreiche) Seen. Dazwischen liegt der mesotrophe Zustand. Die Produktivität eines Sees hängt ab von seinem geologischen Alter, seiner Tiefe und der aus dem Einzugsgebiet eingebrachten Nährstoffmenge. Tiefe Bergseen sind ursprünglich oligotrophe Seen. Ihr Ufer ist schmal und kaum bewachsen. Plankton gibt es nur wenig. Das Wasser ist klar und arm an Mineralstoffen. Phosphat-Ionen fehlen weitgehend. Phosphormangel begrenzt das Wachstum der Pflanzen. Nahrungsmangel limitiert die Zahl der Tiere. Der Sauerstoffverbrauch ist in allen Schichten gering. Der See ist reich an gelöstem Sauerstoff. Für die Lebensgemeinschaft oligotropher Seen ist das Angebot an gelöstem Phosphat der begrenzende Ökofaktor.
In vielen ursprünglich oligotrophen Seen Mitteleuropas, z. B. den von den Eiszeiten hinterlassenenen Seen im Voralpenland und in der norddeutschen Tiefebene, wurde in den letzten Jahrzehnten eine starke Zunahme an Pflanzen und Tieren beobachtet. Der ökologisch folgenreichste Effekt ist die Veränderung des Artenspektrums. Mit zunehmender Eutrophierung werden die Lebensgemeinschaften oligotropher Gewässer, zu denen eher seltene Tier und Pflanzenarten gehören, von anderen, häufigeren Arten verdrängt. Die Vegetation oligotropher Gewässer ist die am stärksten gefährdete Pflanzenformation Deutschlands. 81 % aller Arten dieses Lebensraums gelten als verschollen oder gefährdet.
Durch Einleitung von Abwässern aus Industrie, Landwirtschaft und Haushalten gelangen viele Pflanzennährstoffe in die bisher nährstoffarmen Seen. Vor allem Phosphat, Bestandteil von Mineraldüngern sowie vieler Waschmittel und Weichspüler, und Nitrat, Bestandteil vieler Düngemittel, reichern sich an. Zunächst verbessern sich die Lebensbedingungen für die meisten Tiere und Pflanzen. Die Überdüngung lässt vor allem Algen und Cyanobakterien gut gedeihen. Die Ufervegetation wird dichter und höher. Plankton kann sich stark vermehren. Die Fischbestände nehmen zu. Der See eutrophiert. Die Vorgänge, die zur Anhäufung von Pflanzennährstoffen und zu erhöhter Produktion führen, nennt man Eutrophierung.
Massenentwicklungen von Cyanobakterien und Algen im Oberflächenwasser führen durch ihre Fotosyntheseaktivität zu erheblichen Sauerstoffübersättigung. Der überschüssige Sauerstoff entweicht in die Atmosphäre. Im Herbst sterben die Cyanobakterien ab und sinken auf den Grund, wo sie sich zersetzen. Dabei verbrauchen sie viel Sauerstoff. Während der Stagnation gelangt kein sauerstoffreiches Wasser aus der Nährschicht in die Tiefe. Die sauerstoffliebende Bodenfauna wird ausgelöscht.
Bei Sauerstoffmangel am Grund des Sees beginnt ein positiver Rückkoppelungsprozess: Solange an der Sedimentoberfläche genügend Sauerstoff vorhanden ist, herrschen dort oxidierende Verhältnisse: Eisen-Ionen liegen als Fe3+-Ionen vor, die Phosphat-Ionen zu schwerlöslichem Eisen-III-phosphat (FePO4) binden. So wird dem Stoffkreislauf des Sees Phosphat entzogen. Man spricht von der Phosphatfalle. Phosphat begrenzt so als Minimumfaktor das Wachstum das Pflanzenwachstum. Fehlt Sauerstoff in der Tiefe, so erhält die Sedimentoberfläche reduzierende Eigenschaften. Eisen -Ionen liegen überwiegend als Fe2+ vor. Eisen-III-phosphat geht in Lösung. Der Phosphatgehalt des Sees steigt. Bei der nächsten Vollzirkulation gelangt das Phosphat in die trophogene Zone und führt zu starker Vermehrung des Phytoplanktons. Die Eutrophierung wird weiter beschleunigt.