Wissensteil:
Ein naturnaher Laubmischwald ist aus mehreren Schichten aufgebaut. Zu jedem Stockwerk gehören andere charakteristische Pflanzenarten. Schichtung ist ein Merkmal aller Ökosysteme, aber nicht alle Ökosysteme sind so prägnant geschichtet wie der mitteleuropäische Wald oder der tropische Regenwald. Aber in jedem festländischen Ökosystem gibt es mindestens drei Schichten oder Schichtengruppen: Oberirdische Schichten, Bodenoberfläche und Bodenschichten. Der Effekt der Schichtung besteht vor allem in einer zunehmenden Milderung klimatischer Extreme von oben nach unten:
- Im Inneren des Waldes ist es im Sommer kühler, im Winter wärmer als in der Umgebung.
- Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind unterhalb der Baumkronen deutlich geringer als außerhalb.
- Die Kronenschicht hält über die Hälfte des Regenwassers zurück. Auch Kräuter, Moose und die Streu nehmen Wasser auf, sodass weniger als ein Viertel des Niederschlags den Waldboden erreicht. Die Geschwindigkeit der Wassertropfen wird dabei verringert, sodass der Boden nicht verdichtet oder abgespült wird.
- Die Windgeschwindigkeit im Innern des Waldes ist stark erniedrigt.
- Den Pflanzen unterhalb der Kronenschicht steht nur ein Bruchteil des eingestrahlten Lichtes zur Verfügung. Lücken im Kronendach der Bäume lassen auf eng begrenzte Flächen helle Stellen fallen, die schnell über den Waldboden hinwegwandern. Solche Lichtpunkte leisten einen bemerkenswerten Beitrag zum Energiehaushalt der Waldbodenpflanzen.
Die Ökologie des Bestandes wird von der Baumschicht bestimmt: Die Bäume modifizieren die Verteilung von Licht und Temperatur in den anderen Schichten, aus der Streu der Bäume entsteht die Humusschicht, die Baumwurzeln entnehmen dem Boden die größten Wasser und Nährsalzmengen, die Kräuter müssen sich mit dem Rest begnügen. Strauch und Krautschicht der Wälder hängen unmittelbar von der Zusammensetzung und Struktur der Baumschicht ab.
Auch viele Tierarten sind ganz oder teilweise an bestimmte Schichten gebunden. Den Kronenraum des Waldes bevölkern Insekten und Vögel, die sich von Samen oder Insekten ernähren. Unter den Säugetieren haben sich vor allem Eichhörnchen, Siebenschläfer und Baummarder an den Kronenraum angepasst. Die hohen Bäume werden vorwiegend durch den Wind bestäubt. In den windstillen Kraut- und Strauchschichten leben viele Arten blütenbesuchender Insekten. Größere Wirbeltiere wie Wildschwein, Hirsch, Reh und Dachs leben am Boden. Im Boden leben neben Mikroorganismen und Kleintieren zeitweise auch Wühlmäuse, die sich von Wurzeln ernähren und der Maulwurf, der Würmer, Insekten und deren Larven sucht. Je reicher ein Wald abgestuft ist, desto mehr verschiedenen Tieren und Pflanzen bietet er Lebensmöglichkeiten. So leben in einem lichten Eichenwald, der reiche Strauch- und Krautschichten hat, weit mehr verschiedene Tierarten als im dunkleren Buchenwald, dessen untere Stockwerke nur schwach entwickelt sind. Gegenüber dem Ökofaktor Licht hat jede Art einen Toleranzbereich, der durch ein Maximum und ein Minimum begrenzt wird: Die Photosyntheseaktivität steigt mit zunehmender Lichtstärke linear an bis zu einem Optimum, der Lichtsättigung. Lichtsättigung ist die Beleuchtungsstärke, über der keine weitere Steigerung der Photosynthese erfolgt. Die Lichtintensität, die gerade ausreicht den minimalen Energiebedarf der Pflanze zu decken, bezeichnet man als Lichtkompensationswert. Bei dieser Helligkeit nimmt die Pflanze ebensoviel Kohlendioxid aus ihrer Umgebung auf, wie sie an diese abgibt. Schattenpflanzen erreichen Lichtkompensation und Lichtsättigung schon bei geringen Intensitäten. Bei Laubmoosen liegt der Kompensationspunkt bei 1/2000 des vollen Tageslichtes; die Lärche braucht mindestens 1/9 davon. Das Lichtminimum, an dem die Pflanze wachsen und sich vermehren kann, liegt deutlich über dem Kompensationspunkt. Die Photosynthese muss ja nicht nur die Verluste durch die Atmung decken. Die Pflanze muss auch Baustoffe bilden sowie Reservestoffe, die bei Nacht oder in der kalten Jahreszeit verbraucht werden.