Wissensteil:
Ökosysteme sind dynamisch und entwickeln sich bei unveränderten äußeren Einflüssen im Verlaufe einer Sukzession über verschiedene Stadien zu einem relativ stabilen Endzustand, dem Klimaxstadium.
Eine Sukzession ist die zeitliche Abfolge ineinander übergehender Zustände von Lebensgemeinschaften an einem Ort. Die Entwicklung führt unter wechselndem Artenreichtum bei abnehmender Änderungsgeschwindigkeit vom Initialstadium über verschiedene Folgestadien zu einer Klimaxgesellschaft. Eine Sukzession findet in Ökosystemen statt, die sich nicht im Gleichgewicht befinden. Nach einem Waldbrand oder einem Bergrutsch ist das Gebiet zunächst vegetationslos. Das Initialstadium ist eine Pioniergesellschaft, die durch Artenarmut und Indviduenreichtum charakterisiert ist. Arten mit hoher Fortpflanzungsfähigkeit, die r-Strategen, herrschen vor. Alle r-Strategen vermehren sich sehr schnell. Oft zeigen sie eine große Toleranz gegenüber den herrschenden Standortfaktoren. Die Pionierarten verändern die Standortfaktoren, z. B. durch Ansammlung von Humus und Nährstoffen, sie verändern den Wasserhaushalt, das Mikroklima und die Tierwelt.
In späteren Stadien steigen die Artenvielfalt und die Produktion von Biomasse zunächst an. Aufgrund der veränderten Standortsfaktoren sind nun neue Arten in der Lage, das veränderte Biotop zu besiedeln. Diese Arten sind anspruchsvoller und meist auch produktiver. Sie investieren weniger Energie in die Fortpflanzung und mehr in Strukturen, die ihre Konkurrenzstärke erhöhen. Auch die neuen Arten verändern die Standortfaktoren und anspruchsvollere und produktivere Gesellschaften übernehmen das Gebiet. Da in Wäldern im Allgemeinen das Licht der begrenzende Umweltfaktor ist, ist eine der erfolgreichsten Strategien das Wachstum in die Höhe. So sind Bäume im Wettbewerb um das Licht überlegen und können die Pionierarten verdrängen.
Nach etwa 150 Jahren ist das Klimaxstadium erreicht. Diese Klimaxvegetation ist in Mitteleuropa auf den meisten Flächen ein geschlossener und artenarmer Buchenwald. Hier herrschen K-Strategen vor. Sie investieren mehr in Produktion als in Reproduktion. Klimaxstadien zeichnen sich durch eine sehr effiziente Nutzung der Ressourcen aus. Die Artzusammensetzung verändert sich nur noch wenig. Viele Vögel und Säugetiere sind darunter, die lange Brutpflege betreiben, dadurch weniger Nachkommen erzeugen, diesen aber bessere Startchancen verschaffen. Typische K-Strategen der Pflanzenwelt sind die hohen Bäume, die viel Energie in den Aufbau ihrer Stämme, Äste und Wurzeln investieren und hochwertige Früchte erzeugen. Sie brauchen viele Jahre, bis sie Nachkommen haben, besitzen aber ein hohes Durchsetzungsvermögen beim Wettbewerb um das Licht.
Auch die räumliche Gliederung des Ökosystems ändert sich mit der Sukzession. Der Schichtenaufbau wird differenzierter; Luft- und Bodenraum werden durch Pflanzen und Tiere optimal genutzt. Das Verständnis der Sukzession lässt sich in der Landschaftsplanung und im Naturschutz anwenden, wenn es darum geht, den gestörten Naturhaushalt – als Lebensgrundlage für den Menschen – wieder herzustellen und langfristig zu sichern. Die verschiedenen Stadien einer Sukzession laufen in unterschiedlichen Gebieten recht ähnlich ab.