In der Fallbearbeitung ist meist eine Maßnahme oder Unterlassung seitens einer Behörde auf Gemeinde- oder Kreisebene zu behandeln. Für die Bestimmung, wer Widerspruchsbehörde und wer Klagegegner ist, muss geklärt werden, welchem Bereich der konkrete Streit zuzuordnen ist. Steht eine Selbstverwaltungsangelegenheit (vgl. Art. 28 Abs. 2 GG: Recht auf Selbstverwaltung, „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“) oder die Erledigung staatlicher Aufgaben im Zentrum der Auseinandersetzung?
Selbstverwaltungangelegenheit
Bei Selbstverwaltungsangelegenheiten bestimmt sich die Widerspruchsbehörde nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO. Danach erlässt die Selbstverwaltungsbehörde den Widerspruchsbescheid, es sei denn, es wurde eine anderweitige Regelung getroffen. Hiervon haben einige Länder Gebrauch gemacht (vgl. z.B. § 8 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes zur VwGO Baden-Württemberg, wobei die Zweckmäßigkeitsprüfung der Gemeinde verbleibt).
untere Staatsverwaltung
(1) Auf Kreisebene („Organleihe“/ „Doppelfunktion in der Verwaltung“):
Landrat/Landratsamt als Staatsbehörde (siehe z.B. § 1 Abs. 3 Satz 2 LKrO, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Landesverwaltungsgesetz [LVG] Baden-Württemberg)
· Widerspruchsbehörde, § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO iVm der entsprechenden Regelung in den Landesverwaltungsgesetzen (z. B. § 22 Nr. 2 LVG Baden-Württemberg: Regierungspräsidium)
· Klagegegner, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO: Land, nicht aber Landkreis
(2) Auf Gemeindeebene („Auftrag“/ „übertragener Wirkungskreis“):
Die Gemeinde verwaltet „alle öffentlichen Aufgaben allein und unter eigener Verantwortung“ (siehe u.a. § 2 Abs. 1 Gemeindeordnung Baden-Württemberg) – die Gemeinde ist nicht Staatsbehörde
· Widerspruchsbehörde bestimmt sich nach dem einschlägigen materiellen Recht
· Klagegegner, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO: stets Gemeinde (vgl. auch § 1 LVG Baden-Württemberg, der zwischen staatlichen Behörden und Gemeinden, die staatliche Aufgaben erfüllen, unterscheidet)