Wissensteil:
Kennzeichen der Literatur der Weimarer Republik (1918–1933)
Ein Großteil der Bevölkerung war auch nach 1918 noch den Gedanken verhaftet, die vor dem Ersten Weltkrieg leitend waren. Erst nach den so genannten Krisenjahren der Weimarer Republik (mit denen man die Aspekte Inflation, Ruhrbesetzung, kommunistische Aufstände und Hitlerputsch verbindet) begann in Deutschland eine Zeit der kulturellen Blüte. In den so genannten „Goldenen Zwanziger Jahren“ wurde Berlin zur Hauptstadt der Künste und Wissenschaft in Deutschland. Die neuen Medien Rundfunk und Film entstanden. Der funktionale, sachliche Stil der neuen Architektur des Bauhauses in Dessau prägte die Entwicklung der Kunst und Literatur. Besonders als nach der Einführung der Rentenmark 1923 neue wirtschaftliche Fragestellungen auf der Tagesordnung standen und die expressionistische Literatur kaum noch Anhänger fand, etablierte sich die „Neue Sachlichkeit“ als dominierender Zeitstil. Satiren (Kurt Tucholsky) und journalistische Formen (Egon Erwin Kisch) von literarischem Rang entstanden.
Die literarische Produktion fand 1933 mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ein gewaltsames Ende: Manche Autoren erhielten Schreibverbot, andere mussten, da ihr Leben bedroht war, ins Ausland flüchten.
Autoren und Werke
Die Jahre nach 1918 brachten eine Vielzahl von epischen Meisterleistungen hervor.
- Heinrich Mann stellte in seinem Roman „Der Untertan“ (1918) das Wilhelminische Deutschland mit all seinen Untugenden wie Militarismus, Nationalismus und Obrigkeitsdenken kritisch dar.
- Thomas Mann fing in seinem philosophisch-zeitkritischen Roman „Der Zauberberg“ (1924) die Stimmungslage vor dem Ersten Weltkrieg ein.
- Erich Maria Remarque erzählt in „Im Westen nichts Neues“ (1929) aus der Ich-Perspektive des Protagonisten Paul Bäumer das Leben der Menschen und die Gräuel des Ersten Weltkriegs.
- Hermann Hesse thematisiert in „Siddharta“ (1922) die Wiedergeburt geistig-moralischer Werte, die er in der abendländischen Zivilisation verloren glaubt und die er in der Hinwendung zum Buddhismus wiederfand.
- Franz Kafka beschreibt in seinen Erzählungen und Romanen Menschen, die ihre Individualität verlieren und auf eine genormte Größe und ihre gesellschaftliche und wirtschaftliche Funktion reduziert sind.
- Lion Feuchtwanger stellt in seinem Romanzyklus „Der Wartesaal“ (1930/40), der aus den drei Büchern „Erfolg“, „Die Geschwister Oppermann“ und „Exil“ besteht, die schwierige Situation deutscher Juden in der Spätphase der Weimarer Republik und unter dem beginnenden Nationalsozialismus dar.
- Joseph Roth gilt als Chronist des untergehenden Habsburger Reiches, das er in seinen Romanen „Hotel Savoy” (1924) und „Radetzkymarsch“ (1932) darstellt.
- Robert Musil beschreibt im Roman „Der Mann ohne Eigenschaften” (1930) den Zeitgeist in der sich auflösenden Donaumonarchie.